Die Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen - kurz Düngeverordnung (DüV) - trat im Mai 2017 in Kraft und wurde im Mai 2020 das letzte Mal novelliert. Sie regelt die gute fachliche Praxis bei der Anwendung von Düngemitteln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen und soll somit die stofflichen Risiken durch deren Anwendung vermindern. Die Verordnung dient außerdem der Umsetzung der beiden EU-Richtlinien EU-Nitratrichtlinie und NEC-Richtlinie (Emissionsreduktion bestimmter Luftschadstoffe).
Im Folgenden werden nur die für den Weinbau wichtigen und relevanten Inhalte der DüV vorgestellt (die gesammten Inhalte und eine Druckversion finden sie hier).
Gliederung:
Laut §3(2) der DüV müssen Betriebe ab 2 Hektar Betriebsgröße vor dem Ausbringen wesentlicher Nährstoffmengen an Stickstoff (ab 50 kg N ha-1a-1) den Düngebedarf der Kultur für jeden Schlag bzw. jede Bewirtschaftungseinheit (BEW) ermitteln und dokumentieren. Befindet sich der Schlag bzw. die BEW in einem Gebiet, in dem der Grundwasserkörper bereits nitratbelastet ist (sogenannte "rote" Gebiete; Karte), muss die Bedarfsermittlung bereits ab 1 Hektar Betriebsgröße erfolgen. Fast alle hessischen Weinbaugemarkungen befinden sich in diesen "roten" Gebieten! Einzige Ausnahmen sind folgende Gemarkungen: Lorch, Lorchhausen, Assmannshausen, Hallgarten, Rauenthal, Frauenstein, Dotzheim, Erbach (Bergstraße) und Unter Hambach.
Zur Ermittlung des Stickstoffdüngebedarfs hat der Arbeitskreis "Bodenkunde & Rebenernährung" des Forschungsrings Deutscher Weinbau (FDW) ein fachrechtskonformes und bundeseinheitlich gültiges Schätzverfahren entwickelt. Eine entsprechende Excel-Anwendung sowie die nötigen Erklärungen dazu finden Sie in unserer Beratungsrubrik Düngung.
Im Falle von Phosphat (P2O5) klassifiziert die DüV in §2 die wesentliche Nährstoffmenge an Phosphat ab 30 kg P2O5 je Hektar und Jahr. Wollen Sie einen Schlag größer 1 Hektar mit einer wesentlichen Phosphatmenge düngen, müssen Sie auch hier erst den Phosphatdüngebedarf der Kultur ermitteln (§3(2) DüV). Dazu muss der Phosphatgehalt (Wert max. 6 Jahre alt) des Oberbodens (0-30 cm) bekannt sein (§4(4) DüV). Ist der Schlag mit Phosphat überversorgt (Analysewert > 20 mg P2O5 pro 100g Boden; CAL-Methode) darf nach §3(6) der DüV nur noch maximal die Phosphat-Abfuhr der jeweiligen Kultur gedüngt werden. Dies trifft im hessischen Weinbau auf 90 % der entsprechenden Oberböden zu! Die Phosphat-Abfuhr im Weinbau beträgt bei einem Normalertrag von 14 Tonnen Trauben pro Hektar lediglich 10 kg P2O5 pro Hektar (Reblaub und -holz verbleiben in der Rebanlage). Auf diesen Flächen darf eine maximale Phosphat-Zufuhr von 30 kg P2O5 pro Hektar als Dreijahresgabe erfolgen!
Auch hier finden Sie eine Excel-Anwendung zur Phosphat-Düngebedarfsermittlung samt Erklärungen in unserer Beratungsrubrik Düngung.
Sobald die wesentlichen Nährstoffmengen (50 kg N ha-1a-1 und 30 kg P2O5 ha-1a-1) mit einer Düngung überschritten wurden, muss nach §10 DüV bis zum 31. März des Folgejahres der für den Schlag- bzw. die Bewirtschaftungseinheit ermittelte Düngebedarf zu einem gesamtbetrieblichen Düngebedarf an Stickstoff, Phosphat und verfügbarem N zusammengefasst und dokumentiert werden.
Der gesamtbetriebliche Düngebedarf ist vergleichbar mit der Nährstoffeinfuhrseite des vor der Novellierung anzufertigenden Nährstoffvergleiches.
Laut §3(4) DüV dürfen Düngemittel, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel nur ausgebracht werden, wenn vor deren Ausbringung ihre Nährstoffgehalte an Gesamtstickstoff, verfügbarem bzw. Ammoniumstickstoff und Gesamtphosphat bekannt sind. Entsprechende Angaben können aus deren Kennzeichnungsinformationen, Lieferscheinen, RAL-Gütezeugnissen oder aus von der Weinbauberatung vorgegebenen Tabellen bzw. Merkblättern (entsprechende Tabelle des FDW Arbeitskreises finden Sie hier) entnommen werden. Betriebe, die ihre Komposte selbst herstellen, sollten deren Nährstoffgehalte über eine Wirtschaftsdüngeranalyse bestimmen lassen.
Nach §10 DüV müssen folgende Aufzeichnungen sieben Jahre nach Ablauf des Düngejahres aufbewahrt werden und der nach Landesrecht zuständigen Stelle auf Verlangen vorgelegt werden:
BODENZUSTAND
§5(1) DüV verbietet das Ausbringen von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf Böden, die überschwemmt, wassergesättigt, gefroren oder schneebedeckt sind. Ausnahme sind Kalkdünger mit einem Phosphatgehalt < 2 %, die auf gefrorenen Böden ausgebracht werden dürfen, sofern ein Abschwemmen auszuschließen ist.
SPERRFRISTEN
Düngemittel mit wesentlichem Gehalt an Phosphat (> 0,5 % P2O5 in der Trockenmasse - dazu zählt auch Trester) dürfen in der Zeit vom 1. Dezember bis zum Ablauf des 15. Januars nicht aufgebracht werden (§6(8) DüV).
GEWÄSSERABSTÄNDE
Laut §5(2) DüV ist beim Aufbringen von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln ein direkter Eintrag und ein Abschwemmen von Nährstoffen in oberirdische Gewässer zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass kein direkter Eintrag und kein Abschwemmen von Nährstoffen auf benachbarte Flächen, insbesondere natürliche Lebensräume, erfolgt. Um dies zu erreichen, schreibt die DüV einen grundsätzlichen Mindestabstand von 4 Metern ab Böschungsoberkante des Gewässers bis zum Rand der Düngerausbringungsfläche vor. Bei der Verwendung von Geräten, bei denen die Streubreite der Arbeitsbreite entspricht, bzw. die über eine Grenzstreueinrichtung verfügen, verkürzt sich der Mindestabstand auf 1 Meter.
In Abhängigkeit von der Hangneigung ergeben sich folgende Mindestabstände (§5(3) DüV):
ACHTUNG: Das Hessische Wassergesetz verbietet den Einsatz und die Lagerung von Düngemitteln (unabhängig von deren N- bzw. P2O5-Gehalten) in einem Bereich von 4 m ab Böschungskante (§23(2) HWG). Also ist in Hessen grundsätzlich ein Mindestabstand von 4 m einzuhalten!
In den bereits zuvor genannten "roten"-Gebieten (Gebiete über nitratbelasteten Grundwasserkörpern, Karte) erhöht sich der Mindestabstand auf 5 m bei einer Hangneigung unter 10 % bzw. auf 10 m bei einer Hangneigung von mehr als 10 % in den ersten 20 m ab Böschungsoberkante.
WICHTIG: Zuvor genannte Regelungen gelten nur für Gewässer, die eine wasserwirtschaftliche Bedeutung haben. Auf der Internetseite des Geoportals Hessen gibt es unter folgendem Link eine Karte, die entsprechende Gewässer ausweist: Gewässer von wasserwirtschaftlicher Bedeutung
In der ersten Novellierung 2017 wurde die Düngeverordnung um den § 13 erweitert. In diesem wird den Landesregierungen die Befugnis übertragen, zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung abweichende Vorschriften für gefährdete ("rote") Gebiete zu erlassen. Dabei gelten Gebiete als gefährdet, wenn ihr Grundwasserkörper oberhalb des Nitratschwellenwertes (> 50 mg NO3 L-1) liegt oder wenn die Konzentration > 37,5 mg L-1 ist und ein steigender Trend nachzuweisen ist. In Hessen liegen fast alle Weinbaugemarkungen in gefährdeten Gebieten. Ausnahme sind lediglich folgende Gemarkungen: Lorch, Lorchhausen, Assmannshausen, Hallgarten, Rauenthal, Frauenstein, Dotzheim, Erbach (Bergstraße) und Unter Hambach. Auf folgendem Link finden Sie eine Karte mit allen gefährdeten Gebieten in Hessen: Karte.
Die daraus entstandene Hessische Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung (AVDüV) trat am 20.08.2019 in Kraft. Für den Weinbau sind folgende zusätzliche Maßnahmen in gefährdeten Gebieten zu beachten:
ACHTUNG: Seit der DüV Novellierung 2020 muss kein Nährstoffvergleich mehr angefertigt werden, daher sind die zusätzlichen Maßnahmen diesbezüglich nicht mehr relevant! Bis zum Ende des Jahres 2020 müssen die Landesregierungen die zusätzlichen Maßnahmen prüfen und der Novellierten DüV anpassen. Dies bedeutet, dass sich die zusätzlichen Maßnahmen ab 2021 wahrscheinlich ändern werden.