Projektlaufzeit
2018
Ziel der Studie ist, die Auswirkungen des Klimawandels auf den Bewässerungsbedarf, die Anbauperiode und die Nitrataustragsgefährdung von Freilandgemüse am Beispiel von Zwiebel zu identifizieren. Regionale Unterschiede sollen durch die Betrachtung einer hessischen und niedersächsischen Modellregion hervorgehoben und bewertet werden. Dazu sind kultur- und regionalspezifische Vulnerabilitäten für Wasserdefizite zu ermitteln. Ressourcenschonende Bewässerungsstrategien sowie Produktionsanpassungen im Freilandgemüsebau werden abgeleitet.
Zusammenfassung
Die Möglichkeiten für den Anbau von Freilandgemüse sind regional durch das Klima und die Wasserverfügbarkeit begrenzt. Der hohe Wasserbedarf im der Gemüseproduktion zur Gewährleistung von Ertrag und Qualität verdeutlicht zudem die besondere Anfälligkeit des Gemüsebaus für klimawandelbedingte Veränderungen der Wasserverfügbarkeit. Verstärkend wirkt die geringe Toleranz von Gemüsekulturen gegenüber Wasserdefizit: Im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Kulturen führt Wassermangel bei Gemüsekulturen nicht zur Ertragsreduktion, sondern rasch zum Totalausfall der Ernte.
Das Ziel der Studie war es, den Einfluss des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit, den Wasserbedarf und die damit verbundenen Konsequenzen für die Bewässerung kultur- und standortspezifisch zu evaluieren. Dies beinhaltet eine Auswertung der Veränderungsintensität von Niederschlag und Verdunstung in Bezug auf die klimatische Wasserbilanz sowie der zukünftigen Ausprägung von Trockenperioden. Darüber hinaus galt es zu prüfen, wie sich der Einfluss des Klimawandels regional auf die zukünftigen Vegetationsperioden darstellt. Am Beispiel von Zwiebel werden daraus die Folgen für die Anbauzeiträume und den damit verbundenen kulturspezifischen Bewässerungsbedarf abgeleitet.
Die Klimaprojektionen basieren auf den Regionalisierungsmodellen WETTREG 2013 und C-CLM, die durch das Erdsystemmodell MPI-ESM-LR angetrieben werden. Dabei werden zwei Emissionsszenarien zugrunde gelegt: RCP 2.6, ein optimistisches und RCP 8.5, ein pessimistisches Szenario bezüglich des Treibhausgasausstoß. Es werden die zukünftigen Zeiträume 2031-2060 und 2071-2100 mit dem Referenzzeitraum 1971-2000 verglichen.
Die Simulationsergebnisse bestätigen, dass durch eine ambitionierte Klimapolitik - repräsentiert durch RCP 2.6 - zukünftig keine bzw. kaum Klimaveränderungen im Vergleich zu 1971 - 2000 zu erwarten sind. Dies entspricht den Erwartungen an dieses Szenario. Für die Temperatur wird kein signifikanter Anstieg, für die Niederschläge keine Umverteilung simuliert. Für die zukünftige Ausprägung von Trockenperioden sind weder eine Zunahme in der Häufigkeit noch in der Länge feststellbar.
Im Gegensatz dazu zeigen die unter RCP 8.5 erzielten Ergebnisse, dass durch einen fortschreitenden Klimawandel mit einem Einfluss auf den Zwiebelanbau und die Wasserverfügbarkeit in den Anbauregionen im Vergleich zum Referenzzeitraum zu rechnen ist. Neben einem simulierten Anstieg der Temperatur kann die Abnahme der Niederschläge in den Sommermonaten vereinzelt bis zu -30% betragen. Eine Zunahme langer Trockenperioden mit bis zu 30 Tagen ohne Niederschlag treten in beiden Regionen auf.
Die unter beiden RCPs simulierten Temperaturveränderungen wirken sich auf den Anbau und den Bewässerungsbedarf in beiden Regionen aus: Die prioritär über die Temperatur bestimmen Zeiträume für das pflanzli-che Wachstum, die sog. thermischen Vegetationsperioden, verändern sich zukünftig. Unter RCP 2.6 verlängert sich das Zeitfenster jeweils bei beiden Regionalmodellen zwischen 4 und 27 Tagen und unter RCP 8.5 zwischen 22 und 73 Tagen. Damit eröffnet sich ein neues Zeitfenster für den Freilandanbau, hier gezeigt an Zwiebel. Der auf Grundlage der Geisenheimer Bewässerungssteuerung simulierte Bewässerungsbedarf bleibt unter RCP 2.6 größtenteils auf dem Niveau der Referenzperiode, in einzelnen Fällen ist dieser tendenziell reduziert, während der Gesamtbewässerungsbedarf von Zwiebeln unter RCP 8.5 zukünftig ansteigt.
Ausgehend von der Veränderung der thermischen Vegetationsperiode resultiert die Möglichkeit, den Anbau von Zwiebeln entsprechend den klimatischen Bedingungen zeitlich anzupassen. Dies wiederum hat einen großen Einfluss auf den zukünftigen Wasserbedarf. Die potentielle Verfrühung des Zwiebelanbaus liegt bei RCP 2.6 zwischen 8 und 14 Tagen, wobei sich die Kulturdauer insgesamt um 3 bis 7 Tage verlängert. Bei RCP 8.5 wird eine potentielle Verfrühung zwischen 32 und 40 Tagen simuliert, mit ebenfalls sich verlängernder Kulturdauern zwischen 4 und 12 Tagen. Positiv verstärkt wird der Vorteil eines frühzeitigeren Anbaus durch die Niederschlagsumverteilung.
Sowohl bei Annahme einer ambitionierten Klimapolitik und einem zukünftigen Zustand wie heute (RCP 2.6) als auch unter pessimistischem Szenario hinsichtlich der THG-Emissionen (RCP 8.5) besteht zukünftig ein Bewässerungsbedarf für Zwiebel. Die Zunahme der niederschlagsfreien Perioden und ihrer Variabilität erhöht die Anfälligkeit der Freilandproduktion für temporäre Was-serdefizite. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer effizienten Bewässerungsinfrastruktur, sowohl der Bewässerungstechnik als auch der Wasserbereitstellung.