Laufzeit
2022 - 2024
Zum 01. Januar 2022 startete unter Förderung des BMEL/BÖLN das Verbundprojekt HortiPrimed, das auf wissenschaftlicher Ebene in Bonn, Geisenheim, Jülich und München verankert ist. An der Hochschule Geisenheim University werden ertrags- und stressphysiologische Forschungsaktivitäten von Dr. Simone Röhlen-Schmittgen vom Institut für Gemüsebau koordiniert.
Die Produktion von Unterglastomaten ist vielen Stressoren ausgesetzt, die sich im Klimawandel weiter verstärken werden. Um die Tomatenproduktion gegen biotische und abiotische Stressoren zu schützen werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt und Energie und Ressourcen verbraucht. Ohne effektiven Schutz drohen den Tomatenproduzenten Ernteverluste. Im Gartenbau wird oft eine professionelle Vorkultur eingesetzt in der in speziellen Betrieben Jungpflanzen produziert werden, die dann an die Betreiber der Produktionsgewächshäuser verkauft werden. Eine Vorbehandlung dieser Jungpflanzen zu einer nachhaltigen Stärkung in ihrem späteren Wachstum und ihrer Ertragsleistung könnte einen großen Vorteil bewirken und die Empfindlichkeit der Pflanzen gegenüber biotischen (z. B. Pilzbefall, Viren) und abiotischen Stress (z. B. große Hitze, Kälte) verringern. Dabei könnte der Einsatz von Pestiziden oder chemischen Pflanzenstärkungsmitteln reduziert und die einzusetzenden Ressourcen optimal ausgenutzt oder reduziert werden.
Die Forschung der letzten Jahre zeigt, dass Pflanzen in der Lage sind, schon bei milden Stresserfahrungen molekulare „Erinnerungen“ (Priming) zu programmieren, mit denen sie sich an nachfolgende Stresserfahrungen besser anpassen können. Auf erneut erfolgende Stresse können die Pflanzen dann besser oder schneller reagieren. Dazu werden häufig sogenannte epigenetische Veränderungen in Form von chemischen Markierungen im Genom genutzt (z. B. Methylierungen), die in Folge der Stresserfahrung die Bereitschaft von Stressantwortgenen nachhaltig verändern. Das Projekt HortiPrimed (Etablierung von „Priming“ an Tomaten-Jungpflanzen als Pflanzenschutzverfahren im Gartenbau) wird untersuchen, wie dieses „Priming“ genutzt werden kann um Tomaten im Jungpflanzenstadium toleranter gegenüber abiotischen und biotischen Stressoren zu machen. Ein solches Verfahren könnte in Folge auf weitere Kulturen des Unterglasanbaus angepasst werden. Koordiniert wir das Gesamtprojekt Frau Dr. Anika Wiese-Klinkenberg vom IBG-4 am Forschungszentrum Jülich.
An der Hochschule Geisenheim University (HGU), Institut für Gemüsebau wird unter Leitung von Dr. Simone Röhlen-Schmittgen die Auswirkung des Primings auf Tomatenpflanzen unter praxisnahen Bedingungen der Tomatenproduktion untersucht. Dazu werden Verfahren zur Applikation und Simulation von abiotischen Stressoren im Gewächshaus und zur Phänotypisierung etabliert und eingesetzt. Stressantworten werden auf Basis von phänologischen und physiologischen Merkmalen quantifiziert.
Am Institutsbereich IBG-4 (Bioinformatik) werden an Tomaten-Jungpflanzen abiotische Stressbehandlungen auf ihre Induktion von solchem Priming untersucht. Die Stressintensitäten werden dabei mit verschiedenen Phänotypisierungstechniken bestimmt, um eine reproduzierbare Stressbehandlung zu etablieren. In Folge wird ein früher Effekt des Primings auf junge Tomatenpflanzen untersucht. Analysen der Genexpression und von Pflanzeninhaltsstoffen sollen helfen, die Hintergründe von Stresseffekten und –toleranzen zu verstehen. Am Institut für Funktionale Epigenetik (IFE) des Helmholtz Zentrums München werden unter der Leitung von Dr. Martin Groth die epigenetischen Veränderungen im Erbgut der Pflanzen untersucht, welche durch Stressoren ausgelöst werden und eine langfristige „Erinnerung“ und Stressantwort in der Pflanze ermöglichen. Durch molekulare Nachweisverfahren sollen Wirkungsweise und Effektivität des Primings für den Einsatz im Pflanzenschutz entschlüsselt und dargestellt werden. Dr. Corina Vlot-Schuster wird am Institut für Biochemische Pflanzenpathologie (BIOP) des Helmholtz Zentrum München die Auswirkung von abiotischem Primingstress an Jungpflanzen auf die Toleranzen gegen biotischen Stress durch Pilze, Viren und Bakterien untersuchen. Dabei werden Phänotypisierungstechniken genutzt um die Toleranzen zu quantifizieren. Auch dabei wird die Genexpression in Reaktion auf Priming und biotischen Stress untersucht. Durch die Erstellung von Modellen wird Dr. Cory Whitney vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) an der Universität Bonn ermöglichen, Vorhersagen darüber zu machen, ob sich das Primingverfahren lohnt. Holistische Modelle werden dazu unter Berücksichtigung der Abläufe und Rahmenbedingungen der Tomaten- und Jungpflanzenproduktion entwickelt.
HortiPrimed wird von einem Praxisbeirat begleitet, der die verschiedenen Branchen der Tomatenproduktion repräsentiert (Firma Gipmans, Vitarom und Gartenbau Hoffmann) und auch die Landwirtschaftskammern NRW und der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LWK-NRW Versuchszentrum Gartenbau Straelen und Gartenbauzentrum Geisenheim) und das Kompetenzzentrum Gartenbau (KoGa) einbindet. So soll sichergestellt werden, dass die entwickelten Verfahren nicht an der Praxis vorbei entwickelt werden und schnellstmöglich auch dort integriert werden können.
Die Förderung des Projektes HortiPrimed erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft.