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Forschungszentrum VITA: Hochschule Geisenheim entwickelt klimaangepasste, nachhaltige Pflanzenschutz- und Anbaustrategien für die weinbauliche Praxis

Prof. Dr. Annette Reineke (2.v.l.) und Ayse Asar (3.v.l.) beim Spatenstich mit LBIH-Direktor Thomas Platte (l.), dem Bürgermeister der Hochschulstadt Geisenheim Christian Aßmann (r.) und Klaus-Peter Willsch, MdB. © Torsten Silz

Gemeinsam mit Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, hat Prof. Dr. Annette Reineke, Vizepräsidentin Forschung der Hochschule Geisenheim, Mitte September den Spatenstich für das Forschungszentrum für nachhaltigen und klimaangepassten Weinbau „VITA“ (Viticulture Adaptation Center for Sustainability and Climate Change) gesetzt. Im Neubau werden Geisenheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler voraussichtlich ab 2026 interdisziplinär die systembiologischen Folgen des Klimawandels für den Anbau von Reben untersuchen – und daraus abgeleitet Lösungswege und Anpassungsstrategien erarbeiten, die über Wissens- und Technologietransfer direkten Eingang in die Praxis finden sollen.

Forschende aus den Bereichen Mikrobiologie, Pflanzenschutz, Pflanzeninhaltsstoffe, Pflanzenernährung und Klimafolgenforschung werden im neuen Forschungszentrum VITA in vier Arbeitsgruppen integrativ zusammenarbeiten, um zunächst die Auswirkungen sich verändernder Umweltbedingungen auf den Stoffwechsel der Pflanze, die Interaktionen zwischen Reben und assoziierten Organismen, auf Ökosystemfunktionen sowie auf Wasser- und Nährstoffflüsse im Weinberg zu analysieren.

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden sie Wege suchen, um die Pflanzen- und Bodengesundheit etwa durch das gezielte Einbringen von Mikroorganismen zu verbessern. Weiteres Forschungsziel ist die Entwicklung neuartiger biologischer Pflanzenschutzmittel über die Isolierung und Formulierung bioaktiver pflanzlicher Inhaltsstoffe. Die kommerzielle Verwertung und Markteinführung sollen dabei im Verbund mit – vorzugsweise kleinen und mittleren – Unternehmen vonstattengehen. Ebenso stehen kohlenstoffspeichernde Düngemittel und Bodenzuschlagstoffe auf Basis von Pflanzenkohle sowie die effizientere Nutzung der Ressourcen Wasser und Nährstoffe im Fokus der Forschung.

Zentrale Infrastruktur für die geplanten Tätigkeiten aller Arbeitsgruppen in VITA sind Phytotrone und Weinberg-Ecotrone, durch die der Anbau von Reben nebst den mit ihnen ober- und unterirdisch assoziierten Organismen unter präzise definierten und reproduzierbaren klimatischen Bedingungen möglich ist. Die Phytotrone sind begehbare Pflanzenwachstumskammern zur Kultivierung von Pflanzen in Gefäßen, die architektonisch prägnanten Weinberg-Ecotrone wiederum Untersuchungseinheiten zur Manipulation und Messung von komplexen ökologischen Zusammenhängen im Ökosystem Weinberg.

„VITA wird es uns dank seiner weltweit einzigartigen Infrastruktur ermöglichen, nachhaltig erzeugte Produkte für die Verbesserung der Pflanzen- und Bodengesundheit sowie der Resilienz von Reben gegenüber klimatisch bedingten Stressfaktoren auf pflanzlicher oder mikrobieller Basis herzustellen und deren Wirksamkeit zu überprüfen“, so Prof. Dr. Annette Reineke. Damit könne ein wichtiger Beitrag zur dringend notwendigen Entwicklung nachhaltiger Anbaustrategien bei gleichzeitiger Erhöhung der Biodiversität geleistet werden.

Zum Forschungsprogramm gehört dementsprechend auch die Bewertung potenzieller Risiken und unerwünschter Nebeneffekte bei der Produktanwendung, etwa hinsichtlich gesteigerter Nitratauswaschung in das Grundwasser oder Treibhausgasemissionen. Nebeneffekte der in VITA erarbeiteten Ansätze zu klimaangepassten, nachhaltigen Pflanzenschutz- und Anbaustrategien werden deshalb auf hochschuleigenen Weinbergflächen unter Praxisbedingungen evaluiert. Ausgewählte Strategien werden dabei zusätzlich an weiteren Sonderkulturen wie dem Apfel erprobt und entsprechend angepasst.

„Die in VITA erarbeiteten Konzepte zahlen auf unser übergeordnetes Ziel ein, Strategien für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft zu entwickeln. Wir tragen damit auch zum global ausgegebenen Ziel einer nachhaltigeren, effizienteren und resilienteren Form der Landwirtschaft, zu den Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen sowie zum Green Deal der EU bei“, betont Prof. Dr. Annette Reineke abschließend.

Die Baukosten des Forschungszentrums VITA von über 30 Millionen Euro werden auf Basis der Entscheidung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Hessen getragen. Das Forschungszentrum mit Büros, Laboren und Infrastrukturen für die Pflanzenaufzucht bietet Platz für 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Kategorien: Mein-Netzwerk, Bauliche Entwicklung, Phytomedizin, Mikrobiologie und Biochemie, Getränkeforschung, Bodenkunde und Pflanzenernährung, Angewandte Ökologie, Allgemeiner und ökologischer Weinbau

Bilderreihe

Die Weinberg-Ecotrone
Das Baufeld des Forschungszentrums VITA © Torsten Silz