Ein Bericht von Jens Rüdiger und Monika Waldbauer.
Neben dem Aufbau von fachbezogenen Kompetenzen im Studium gewinnt auch die Vertiefung von fachübergreifenden Schlüsselkompetenzen für den Berufsalltag mehr und mehr an Bedeutung; spätestens seit dem Bologna-Prozess sind sie fester Bestandteil des Studiums. Schlüsselkompetenzen steigern die Studierfähigkeit und verbessern die berufliche Handlungsfähigkeit. Das Studium bereitet so effektiv wie möglich auf das spätere Berufsleben vor. Um dies von Seiten der Hochschulausbildung zu gewährleisten, hat die Hochschule Geisenheim die unternehmensseitig geforderten Kompetenzen in einer Online-Erhebung ermittelt.
Abstimmungsprobleme zwischen Hochschule und Arbeitsmarkt über die qualitativen Dimensionen, die eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter mitbringen muss, sind ein bekanntes Thema. Insbesondere die Berufsrelevanz des Studiums wird nicht nur in der Weinwirtschaft auf unterschiedlichen Ebenen erörtert. Die Hochschulen sind gleichermaßen gefordert, hochqualifizierte Arbeitskräfte auszubilden und als Innovationsmotor ganzer Branchen zu fungieren. Für Kritiker bedeutet diese Doppelrolle automatisch eine „Praxisferne des Studiums“. Daher ist die Kompetenzorientierung ein zentraler Begriff der Bologna-Reform, mit der vor allem die didaktische Wende in der Hochschullehre weg von der Input- zur Output-Orientierung gemeint ist. Es findet ein Umdenken statt, weg von „Was soll dem Studierenden vermittelt werden?“ hin zu „Was soll er können?“ und „Wie kann die Hochschule ihre Lehr-, Lern- und Prüfungsformen darauf ausrichten?“.
Im Rahmen der Qualitätsentwicklungsmaßnahme in Studium und Lehre führte die Hochschule Geisenheim aus diesem Grund eine Befragung bei Unternehmen der Weinwirtschaft durch. Ziel ist es, die geforderten Schlüsselkompetenzen mehr in die curriculare Entwicklung der Hochschule Geisenheim einbinden zu können. Die Befragung richtete sich an Unternehmen aus den Branchen der Weinwirtschaft und zielte insbesondere auf die Kernfrage, welche Anforderungen diese an Bewerberinnen und Bewerber stellen.
Die Abfrage der Kompetenzen erfolgte mit einer sechsstufigen Likertskala in der Bandbreit von „nicht wichtig“ zu „sehr wichtig“ und folgte der Frage: Welche Kompetenzen müssen Absolventen eines oenologisch/betriebswirtschaftlichen Masterstudienganges mitbringen? Da es in der Lehrpraxis jedoch nicht sinnvoll ist, mit allen Kompetenzen zu agieren, musste ein Zielsystem der wichtigsten Kompetenzen definiert werden, um diese in die Hochschullehre einfließen lassen zu können. Dafür wurde für die einzelnen abgefragten Bereiche und die jeweiligen Einzelbereiche in der Auswertung eine Rangfolge errechnet. Hier zeigte sich, dass der für Unternehmen priorisierte Bereich der, der personalen Kompetenz ist. Die wichtigsten Teilbereiche sind hier Selbstmanagement, Zuverlässigkeit, Einsatzbereitschaft und Eigenverantwortung. Im Bereich der Fach- und Methodenkompetenz steht das erlernte Fachwissen, die sogenannte Qualifikation, im Vordergrund. Das benötigte Folgebewusstsein, welches die Fähigkeit beschreibt, die Folgen von Entscheidungen vorausschauend zu erkennen, findet sich an zweiter Stelle. Im Bereich der sozial-kommunikativen Kompetenz steht auf Platz eins die Teamfähigkeit, gefolgt von Gewissenhaftigkeit und Kooperationsfähigkeit. Im Bereich der Aktivitäts- und Handlungskompetenz sind die Initiative und die Entscheidungsfähigkeit auf den vorderen Plätzen.
Fazit
Neben der Vermittlung von fachlichen Kenntnissen sollen Masterstudiengänge ihre Absolventen zur Übernahme von Fach- und Führungsaufgaben befähigen. Daraus ergibt sich für die Hochschullandschaft der Auftrag, ein kompetenzorientiertes Studienangebot zu etablieren, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen und letztlich die der Unternehmen in der Weinwirtschaft gegeben bleibt. An der Hochschule Geisenheim hat man sich im Bereich der Weiterentwicklung von Lehre und Studium auf den Weg gemacht, neben der politischen Forderung nach einer kompetenzorientierten Lehre den Bedarfen der Weinwirtschaft nachzugehen und diese im Bereich eines berufsbegleitenden Master-Weiterbildungsstudienganges praxisorientiert in die Lehre zu integrieren.
Welche Kompetenzen müssen Absolventen eines oenologisch/betriebswirtschaftlichen Masterstudienganges mitbringen? (sechsstufige Likert-Skala: 1 = nicht wichtig bis 6 = sehr wichtig)
Bereich: Personale Kompetenz
Rangfolge
Selbstmanagement (Fähigkeit das eigene Handeln zu gestalten)
1
Zuverlässigkeit
2
Einsatzbereitschaft
3
Eigenverantwortung
4
Glaubwürdigkeit
5
Ganzheitliches Denken
6
Loyalität
7
Lernbereitschaft
8
Hilfsbereitschaft
9
Disziplin
10
Offenheit für Veränderung
11
Fähigkeit ethisch zu handeln
12
Schöpferische Fähigkeit
13
Delegieren
14
Humor
15
Mitarbeiterförderung
16
Bereich: Aktivitäts- und Handlungskompetent
Rangfolge
Initiative (Fähigkeit Handlungen aktiv zu beginnen)
1
Entscheidungsfähigkeit
2
Ausführungsbereitschaft (Fähigkeit Handlungen gut und gerne auszuführen)
3
Belastbarkeit
4
Tatkraft
5
Ergebnisorientiertes Handeln
6
Innovationsfreudigkeit (Fähigkeit Neuerungen gerne anzugehen)
7
Impulsgeben (Fähigkeit anderen Handlungsanstöße zu geben)
8
Zielorientiertes Führen
9
Konsequenz
10
Gestaltungswille
11
Optimismus
12
Mobilität
13
Beharrlichkeit
14
Soziales Engagement
15
Schlagfertigkeit
16
Bereich: Sozial-kommunikative Kompetenz
Rangfolge
Teamfähigkeit
1
Gewissenhaftigkeit
2
Kooperationsfähigkeit
3
Kommunikationsfähigkeit
4
Kritikfähigkeit (geben und annehmen)
5
Problemlösungsfähigkeit
6
Pflichtgefühl
7
Dialogfähigkeit, Kunden/innen Orientierung
8
Konfliktlösungsfähigkeit
9
Integrationsfähigkeit
10
Anpassungsfähigkeit
11
Verständnisbereitschaft
12
Akquisitionsstärke (Fähigkeit andere für Aufgaben zu werben)
13
Beziehungsmanagement
14
Sprachgewandtheit
15
Beratungsfähigkeit
16
Experimentierfreudigkeit
17
Bereich: Fach- und Methodenkompetenz
Rangfolge
Fachwissen
1
Folgebewusstsein (Fähigkeit die Folgen von Entscheidungen voraussehend zu erkennen)
2
Beurteilungsvermögen
3
Fleiß
4
Fachliche Anerkennung (Fähigkeit eigenes fachliches Können sowie das anderer sachlich anzuerkennen)
5
Organisationsfähigkeit
6
Systematisches methodisches Vorgehen
7
Planungsverhalten
8
Sachlichkeit
9
Konzeptionsstärke (Fähigkeit sachlich gut begründete Handlungskonzepte zu entwickeln)
10
Marktkenntnisse
11
Analytische Fähigkeiten
12
Wissensorientierung
13
Projektmanagement
14
Fachübergreifende Kenntnisse
15
Affinität zu digitalen Technologien
16
Lehrfähigkeit
17
Wissenschaftliches Arbeiten
18