Wiesbaden. Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn und die Leitungen der 14 Hochschulen des Landes haben folgende gemeinsame Erklärung zum Überfall auf die Ukraine verabschiedet:
Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und die hessischen Hochschulen verurteilen gemeinsam den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Den Menschen in und aus der Ukraine, insbesondere den Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Künstlerinnen und Künstlern, die Tod, Versehrung, Vertreibung und Zerstörung ihrer Heimat, Infrastruktur und Lebensgrundlagen erleben, gilt unsere große Sorge, unser tiefes Mitgefühl und unsere volle Solidarität.
Der Überfall auf die Ukraine ist ein Angriff auf die Demokratie und die freiheitlichen Werte, denen sich das moderne Europa verbunden fühlt und verpflichtet hat. Im Einklang mit der Lübecker Erklärung der Kultusministerkonferenz vom 10./11. März 2022, der Stellungnahme der Allianz der Wissenschaftsorganisationen vom 25. Februar 2022 und der Stellungnahme der Hochschulrektorenkonferenz vom 24. Februar 2022 bekennen sich das Land Hessen und seine Hochschulen zu ihrer gemeinsamen Verantwortung für Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Ukraine, die sich in Not oder Gefahr befinden und vor dem Krieg flüchten. Dies gilt auch für Studierende aus Drittländern, die sich zum Studium in der Ukraine aufgehalten haben.
Die Landesregierung bestärkt die Hochschulen darin, Kooperationen mit ukrainischen Hochschulen im Rahmen des Möglichen aufrechtzuerhalten und Kontakt zu Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu halten. Sie dankt den hessischen Hochschulen für ihr unverzügliches Handeln und für die zahlreichen Initiativen zur Unterstützung ukrainischer Studierender, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler.
Die Landesregierung und die Hochschulen in Hessen sind sich darin einig, im Einklang mit dem europaweiten Sanktionsregime und den Empfehlungen der KMK und der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen, bis auf Weiteres institutionelle Kooperationen mit russischen und belarussischen Hochschulen und staatlichen Einrichtungen auszusetzen und finanzielle Förderung von staatlichen Projekten mit der Russischen Föderation weitestgehend auszusetzen und kritisch zu überprüfen. Das bedeutet gleichzeitig, keine neuen Kooperationsprojekte zu initiieren, keine gemeinsamen wissenschaftlichen, forschungspolitischen oder künstlerischen Veranstaltungen durchzuführen. Dieser Schritt schmerzt umso mehr, als die Zusammenarbeit zwischen russischen und hessischen Hochschulen über alle Disziplinen hinweg über Jahre besonders fruchtbar war, da die Beziehungen Hessens zum östlichen Europa traditionell besonders eng sind. Doch ein militärischer Angriff auf die freiheitlichen Werte kann nicht unbeantwortet bleiben und verlangt eine Reaktion auf allen Ebenen. Wir müssen daher dem russischen Präsidenten zeigen, dass seine Aggression Konsequenzen hat.
Zugleich ist es der Landesregierung und den Hochschulen ein Anliegen, dass individuelle Kooperationen mit russischen und belarussischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Sinne der Freiheit der Wissenschaft soweit möglich und vertretbar fortgeführt werden. Insbesondere denjenigen im russischen Wissenschafts- und Kunstsystem, die, weil sie an Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit glauben, eine kritische Stimme und wichtige Verbindung in die russische Zivilgesellschaft darstellen und oft selbst von Repressionen betroffen sind, gilt unsere Solidarität. Landesregierung und Hochschulen begrüßen es daher, dass russische Studierende, Wissenschaftler/innen und Künstler/innen, die an Hochschulen in Hessen immatrikuliert bzw. beschäftigt sind, individuell weiter finanziert werden können. Ebenso können sie im Rahmen von Projekten und Studiengängen der Hochschulen weiterhin aufgenommen werden. Die Beschäftigung mit dem akademischen und kulturellen Reichtum Russlands, der Ukraine und Osteuropas wollen wir weiter fördern und erteilen jedweder Form von Diskriminierung eine klare Absage. Der Botschaft der Gewalt setzen wir die Kultur der friedlichen Debatte entgegen.
Die Landesregierung und die Hochschulen werden bestehende Angebote zur Unterstützung und Beratung von Studierenden, Forscherinnen und Forschern sowie Künstlerinnen und Künstlern aus der Ukraine, Belarus und der Russischen Föderation fortsetzen. Das Stipendienprogramm HessenFonds wurde bereits für verfolgte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und damit auch auf die Ukraine ausgeweitet, auch einzelne Hochschulen haben bereits mit Notfonds und Stipendienprogrammen reagiert. In enger Abstimmung untereinander sowie mit den zuständigen Gremien von Bund und Ländern werden sie darüber hinaus weitere Maßnahmen im Hinblick auf die Herausforderungen, vor denen die Hochschulen durch die Aufnahme und Unterstützung vom Krieg betroffener und geflüchteter Studierender und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Ukraine stehen, prüfen. Die Einrichtung der zentralen Kontaktstelle für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Wissenschaftsministerien der Länder und der Allianz der Wissenschaftsorganisationen begrüßen wir in diesem Zusammenhang ausdrücklich. Durch die Plattform administriert durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst können Informationen zur konkreten Unterstützungsmaßnahmen von Bund, Ländern, Hochschulen, Wissenschaftsorganisationen, Studierendenwerken und Stiftungen gebündelt und zugänglich gemacht werden.
Wir unterstützen außerdem nachdrücklich gerade angesichts der Problematik, dass durch die Aktivierung der Massenzustromrichtlinie der EU nach §24 Aufenthaltsgesetz der BAföG-Bezug nur im Ausnahmefall vorgesehen ist, das Werben des DAAD für ein vom Bund finanziertes großes Unterstützungsprogramm für die deutschen Hochschulen, auf dessen Basis die Aufnahme, Betreuung und Weiterqualifikation von ukrainischen Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gewährleistet und der akademische Betrieb an Hochschulen in der Ukraine unterstützt werden soll. Den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und den privaten Spenderinnen und Spendern, die damit ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung setzen, danken Landesregierung und Hochschulen sehr herzlich.
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