„BIM – Building Information Modeling – Was kommt auf uns zu?“ Diese Frage diskutierten die Expertinnen und Experten der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) nicht nur auf dem 6. Forschungsforum Landschaft (22. und 23. Februar 2018) in Essen, sondern bereits am Vortag dieser Veranstaltung im Rahmen der konstituierenden Sitzung des neuen Arbeitskreises BIM in der Landschaftsarchitektur. Leiter des Arbeitskreises ist Prof. Dr. Andreas Thon, Professor für Bautechnik in der Landschaftsarchitektur an der Hochschule Geisenheim.
„BIM als Planungsmethode verbindet die drei Teilbereiche Planung, Bau/Unterhaltung und Umbau/Abriss von Bauwerken. Sie ermöglicht eine ganzheitliche, dynamische Koordinierung der Prozesse“, erläutert Thon. Mit Hilfe des BIM erfassen Architekten und Planer alle relevanten Bauwerksdaten digital und modellieren sie; diese Datenbasis dient unter anderem als Grundlage für Kostenkalkulationen. Durch eine ständige Synchronisation des Modells stehen Änderungen an der Projektdatei allen Projektbeteiligten unmittelbar zur Verfügung. Ein kontinuierlicher Informationsaustausch in alle Richtungen sorgt für einen effizienteren Ablauf des Gesamtprojekts und eine bessere Steuerung über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerkes hinweg.
Die Mitglieder des ehrenamtlich arbeitenden Arbeitskreises der FLL sehen hier Handlungsbedarf und haben sich gemeinsam mit Herstellern von Branchensoftware ehrgeizige Ziele gesetzt: Die Planungsmethode findet bisher vor allem im Hochbau, Tiefbau und dem Facility Management Anwendung. „Um sie auch für die Landschaftsarchitektur nutzbar zu machen, müssen wir deshalb neue Standards und Anforderungen definieren“, so Thon. „Zu berücksichtigen sind dabei unter anderem die Individualität von Bauwerken, die Tiefe der Detailplanung sowie die Klassifizierung von Bauteilen und -stoffen.“
Die Vorteile des Einsatzes von BIM in der Landschaftsarchitektur sind zum Teil noch nicht bekannt, auch, weil Methodik und Werkzeuge der Anwendung erst aus artverwandten Erfahrungen und Prozessen angepasst werden müssen. Hierzu ist eine intensive Vernetzung mit Themenfelder wie Hoch-, Verkehrswege- und Infrastrukturbau wichtig. Beste Voraussetzung dafür: Prof. Dr. Andreas Thon leitet auch die Fachgruppe BIM in der Landschaftsarchitektur bei buildingSMART e. V.. Hier ist es Ziel, Standards zum Austausch von Daten zu definieren. Dies geschieht unter anderem mittels Industry Foundation Classes (IFC). Dieses offene Format beschreibt neben Gebäuden mit ihren logischen Gebäudestrukturen (Türen, Fenster, ...) auch komplexe 3D-Modelle. Darüber hinaus können die Bauelemente mit geometrischen Definitionen ebenso wie mit Objekteigenschaften wie Materialität, Lebensdauer und Pflegehinweisen attribuiert werden. Sie können so den individuellen Informationsbedarfen der Anwender entsprechend im- und exportiert werden.
Durch die Vernetzung der Leitung beider Gremien ist es möglich, Synergien zwischen verwandten Arbeits- oder Fachgruppen zu nutzen und auf erbrachte Leistungen und Erfolge zuzugreifen. Dieser fachliche Dialog kann im internationalen Kontext durch einen Austausch von Wissen, Informationen und Daten fortgeführt werden. Bauwerke wie Straßen und Eisenbahnen führen beispielsweise über Ländergrenzen hinweg und bei größeren Projekten stammen Bauteile, Planer und ausführende Firmen nicht zwingend aus einem Land. Vor diesem Hintergrund konnte Thon auf dem buildingSMART International Summit vom 27. bis 29. März 2018 in Paris wertvolle Partner für einen fachlichen Austausch in den USA, Großbritannien, Schweden und Norwegen gewinnen.
Um die nächste Generation von Landschaftsplanern und -architekten frühzeitig auf die Anforderungen in der Arbeit mit BIM vorzubereiten, hat die Hochschule Geisenheim die Methodik des BIM bereits seit dem Wintersemester 2017/18 in das Studium der Landschaftsarchitektur integriert.