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Erfahrungsbericht Auslandssemester Südafrika – Teil 1: Weinbau in Stellenbosch

Florian Schrickel im Sonnenaufgang in der Namib-Wüste in Namibia
Florian Schrickel im Sonnenaufgang in der Namib-Wüste in Namibia

Florian Schrickel, Master-Student der Getränketechnologie an der Hochschule Geisenheim, studierte im Rahmen eines Auslandssemesters ein halbes Jahr in Stellenbosch (Südafrika) Weinbau und Oenologie. In einer dreiteiligen Bericht-Serie möchte er seine Erfahrungen und Erlebnisse teilen.

Endlich, nach fast 24-stündiger Reisezeit von Tür zu Tür erreiche ich mein Bungalowhaus, welches ich die nächsten sechs Monate mit fünf anderen jungen Studenten teilen werde. Es ist warm, sehr warm, und ein kräftiger, trockener Wind bläst durch die Straßen, der angenehm, fast schon begrüßend wirkt. Dieser ist typisch für die Region, wie ich später erfahre. Doch um mich auszuschlafen bin ich viel zu aufgeregt, habe ich schließlich nach über einem halben Jahr fordernder Planung mein Ziel erreicht: Stellenbosch, Western Cape, Südafrika.

Meine Entscheidung nach Südafrika zu gehen, entwickelte sich einerseits aus dem Wunsch, in englischer Sprache zu studieren, und andererseits aus der Möglichkeit, in einem unbekannten und für uns Europäer exotisch anmutenden Land zu leben.

Südafrika ist von allen afrikanischen Ländern wahrscheinlich das – aus westlicher Sicht – am weitesten entwickelte Land und Stellenbosch wiederum die europäischste Stadt. Tatsächlich muss ich mich von Zeit zu Zeit daran erinnern, dass ich in Südafrika bin, da der Lebensstil und das Ambiente an eine typische europäische Studentenstadt erinnern.

Das Zentrum der kleinen Stadt ist sehr gepflegt, pittoreske Gebäude sind im niederländischen Kolonialstil gebaut, es gibt viele Cafés und Restaurants, sowie Bars und Clubs für das studentische Nachtleben. Unzählige Eichen säumen die Straßen der Stadt. Die Atmosphäre ist friedlich und von Studenten und Touristen geprägt. Hier studieren junge Menschen mit verschiedenen Hautfarben, Sprachen und Kulturen an einer der besten Universitäten des Kontinents. Dennoch ist Stellenbosch keine repräsentative Stadt, da diese zum einen sehr wohlhabend ist und zum anderen einen sehr hohen Anteil weißer Südafrikaner aufweist, obwohl diese lediglich rund neun Prozent der Bevölkerung stellen. Umso wichtiger war es mir, auch andere Teile des Landes zu besuchen, um mir ein differenziertes Bild vom Land, seinen Bewohnern und deren Zusammenleben zu machen, wovon ich an anderer Stelle berichten möchte.

Der Anspruch der Universität ist höher als ich es von einer afrikanischen Universität erwartet hatte und das Bildungssystem ist hochgradig verschult (Anwesenheitspflicht, Tests und Hausarbeiten für die Examenszulassung), sodass die universitären Verpflichtungen mehr Zeit und Disziplin einfordern als ursprünglich gedacht. Dennoch bleibt ausreichend Zeit um die lokalen Weingüter zu besichtigen, die umliegenden Berge zu besteigen oder in der nahen Falls Bay zu surfen oder tauchen zu gehen.

Stellenbosch und seine Nachbargemeinden gehören zu den so genannten „Winelands“, da in den fruchtbaren Tälern hauptsächlich Wein kultiviert wird. Allein die Region um Stellenbosch besitzt 15.000 Hektar Rebfläche (so viel wie die Weinbauregion Baden) mit 46,4 Millionen Reben, welche etwa 16 Prozent der Gesamtrebfläche Südafrikas ausmachen. Neben Weintrauben werden, vor allem in der Region Nordkap, auch Tafeltrauben für den Export angebaut.
Die malerische Landschaft ist somit von unzähligen Weinbergen und Weingütern geprägt, welche sich über die Berghänge und Täler erstrecken. Die umliegenden Berge, welche wie der Simonsberg eine Höhe von bis zu 1.399 Meter aufweisen, haben für den Weinbau eine besondere Bedeutung, da sie starken Einfluss auf das Mikroklima nehmen. So liegen die besten Weinlagen auf den höheren Berghängen, da sie dort, aufgrund veränderter Thermik durch die Bergflanken, kühlen Winden ausgesetzt sind. Dies führt zu kühleren Nächten, welche vor allem in der Reifeperiode der Trauben sehr wichtig sind. Tatsächlich zeichnen sich Top-Lagen durch ihren Zugang zu kühlendem Wind aus, da es an Sonnenstunden und Wärme nicht mangelt; im Gegenteil. Jeder Winemaker, der einen eleganten Spitzenwein herstellen möchte, versucht deshalb, Trauben aus kühleren Regionen wie zum Beispiel um Elim zu bekommen. Man versucht von der Stilistik her, schlankere und filigranere Weine zu keltern. Manche Weingüter in Südafrika sind so tollkühn und probieren, Riesling anzubauen und zu keltern, was ihnen gnadenlos misslingt. Die Weine sind, entsprechend unserer Vorstellung, nicht rebsortentypisch, bilden weder die fruchtig-frischen Aromen noch die Mineralik aus. Zudem entwickeln sie schon sehr früh Alterungstöne. Der Riesling gehört einfach ins kühle Deutschland, zumindest in die nördliche Hemisphäre. Für Geisenheimer ist sicherlich das große Angebot an roten Rebsorten und Weinen interessant. In Südafrika ist der Pinotage, eine Kreuzung aus Pinot Noir Cinsault Noir (Syn.: Hermitage), beheimatet. Die Südafrikaner sind durchaus stolz auf die an der Uni Stellenbosch von Prof. Perold gezüchtete Rebsorte, bei manchen Winemakern ist sie jedoch umstritten. Die Rebsorte neigt bei sehr hohen Temperaturen und Trockenstress zur Bildung großer Mengen Isoamylacetat während der Gärung, was vor allem billigen Weinen einen Lösungsmittel-Fehlton (vor Ort sagt man auch „spray paint character“) verleiht. Bezüglich Krankheiten ist „leafroll“ zu nennen, welche von Viren verursacht wird. Sie ist in Südafrika sehr verbreitet und gerade bei alten Rebstöcken und -Anlagen ein Problem, da es die Pflanze insgesamt schwächt und die Erträge mindert. Stockkrankheiten wie Esca sind auch in Südafrika ein zunehmendes Problem.

Den gefühlt besten Wein seit langer Zeit trank ich gemeinsam mit zwei Kommilitonen, als ich ihre Familie in Polokwane im Nordosten Südafrikas besuchte, um mit ihnen den Kruger-Nationalpark zu bereisen. Ich hatte dafür einen besonderen Wein als Gastgeschenk mitgebracht. Obwohl meine Weinbau-Kommilitonen grundsätzlich auch hohe Anforderungen an Weine stellen und ich mich sehr gut an Chenin blanc gewöhnt hatte, waren wir begeistert von der Fruchtigkeit und Eleganz des Weines. Es war ein Riesling von der Mosel.

Kategorien: STUDIUM, Getränketechnologie (M.Sc.), International, Weinbau und Oenologie (B.Sc.), International Office, Nachrichten

Bilderreihe

Ein Weinberg mit sehr alten Chenin Reben im Swartland bei Malmesbury
Ein Weinberg mit sehr alten Chenin Reben im Swartland bei Malmesbury. Er gehört Christa von de la Chevallerie (auch ehemalige Geisenheimerin), die aus Chenin MCC (Methode Cap Classique) und Weine bereitet. Die hier gezeigte Erziehungsform der “bush vines” ist in SA verbreitet und bietet sich für Chenin und Pinotage an, obwohl er nur per Hand zu bewirtschaften ist.
(v.l.n.r.) Blick auf den Simonsberg (1.399 m), die Ortschaften Kylemore und Lanquedoc und den Buller´s Kop (1.393 m). Zwischen den Bergen sind Weinberge angelegt, die vom kühlen Wind profitieren, der von den Berghängen herab weht.
(v.l.n.r.) Blick auf den Simonsberg (1.399 m), die Ortschaften Kylemore und Lanquedoc und den Buller´s Kop (1.393 m). Zwischen den Bergen sind Weinberge angelegt, die vom kühlen Wind profitieren, der von den Berghängen herab weht.
Campus der Universität
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