Berlin, Geisenheim 10. September 2019
Die ökologisch bewirtschaftete Rebfläche hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Mehr und mehr Winzerinnen und Winzer interessieren sich für dieses Thema und stellen ihre Betriebe um. Dass das funktioniert, beweisen sie auf beeindruckende Weise. Unter den Top-Bewertungen zahlreicher Wettbewerbe finden sich immer mehr Bioweine. Knapp 10 % der bundesweiten Rebflächen sind mittlerweile auf Bio umgestellt und es sollen noch mehr werden. In der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau der Bundesregierung stehen 20 % Ökolandbau. In einigen Bundesländern haben sich die Regierungsparteien teils noch ehrgeizigere Ziele gesetzt. Wie leistungsfähig die ökologische Landwirtschaft ist, hat jüngst das Thünen-Institut belegt. Hier wurden hunderte Forschungsergebnisse aus den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen. Bio hat beim Gewässer-, Boden- und Klimaschutz, in Sachen Artenvielfalt und Ressourceneffizienz ganz klar die Nase vorn.
Mit zu den größten Herausforderungen beim Bioweinbau gehört der Pflanzenschutz. Vor allem der Falsche Mehltau – auch als Rebenperonospora bezeichnet – kann in feuchten Jahren große Sorgen bereiten. Viele Umstellungsinteressierte scheuen den letzten Schritt in die Zertifizierung aus Angst davor, den widrigen Umständen der Natur hilflos ausgesetzt zu sein. Kupfer ist hier das Mittel der Wahl, um diesen aggressiven Schadpilz in Schach zu halten. Allerdings soll der Einsatz des Schwermetalls lieber heute als morgen durch umweltfreundliche Bekämpfungsverfahren reduziert, mittel- bis langfristig sogar ersetzt werden. Genau hier setzt das VitiFIT-Projekt an. Es ist vorgesehen, in den nächsten fünf Jahren auf verschiedenen Ebenen an einer verbesserten Planungssicherheit für die Bioweingüter zu arbeiten. Durch die Zusammenarbeit der Projektpartner ist eine holistische Vorgehensweise gewährleistet. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft.
VitiFIT teilt sich in vier Themenbereiche auf: Der Themenbereich A umfasst die Entwicklung, Optimierung und Etablierung von Verfahren und technischen Lösungen im ökologischen Weinbau, um die Rebengesundheit zu verbessern und zu stabilisieren. Der Falsche Mehltau steht hierbei im Fokus. Im Themenbereich B geht es um die Entwicklung und Weiterentwicklung von züchterischen Aktivitäten bei pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI) und Sortenstrategien sowie deren Markteinführung. Das im Weinbau bereits etablierte Prognosesystem „VitiMeteo Rebenperonospora“ soll im Themenbereich C um weitere Aspekte und Bedürfnisse des ökologischen Weinbaus und der PIWI-Sorten ergänzt werden. Im Themenbereich D schließlich geht es um die Akteurseinbindung und den Wissenstransfer. VitiFIT ist als Praxisforschungsprojekt konzipiert. Die direkte Rückkopplung mit den Winzerinnen und Winzern ist von zentraler Bedeutung. Dem Projektstart ist eine fast zweijährige Planungsphase vorausgegangen.
„Es erfüllt uns schon ein wenig mit Stolz, dass es bei VitiFIT gelungen ist, mit einem so großen Konsortium an den Start zu gehen!“ so Beate Berkelmann-Löhnertz, Professorin an der Hochschule Geisenheim (HGU) und Projektkoordinatorin. Beteiligt sind neben der HGU der Weincampus Neustadt, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, das Julius Kühn-Institut in Siebeldingen, das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück und das DLR Rheinpfalz. Das Weinbauinstitut Freiburg und die Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim runden die Reihe der staatlichen Institutionen ab. Die Bioverbände Bioland, Demeter, ECOVIN und Naturland sind durch ihre Nähe zur Praxis als wichtige Partner mit im Verbund. Zu den Praxispartnern zählen die Firmen Trifolio-M, uv-technik meyer gmbh und die GEOsens GmbH sowie einige namhafte Öko-Weingüter, die als Pilot- und Demonstrationsweingüter fungieren. Viele der Beteiligten kennen sich schon seit etlichen Jahren und haben bereits in unterschiedlichsten Konstellationen zusammengearbeitet. „Wir sind glücklich über diese einzigartige Chance, weitere Bausteine für eine nachhaltige Wirtschaftsweise im Weinbau erarbeiten zu können und gemeinsam den Weinbau ein Stück weiter zu ökologisieren. Mit dem geplanten Fördervolumen von über 6,3 Mio. Euro setzt die Bundesregierung hier ein klares Signal! Natürlich wird auch der integrierte Weinbau die Ergebnisse aus diesem Verbundprojekt in hohem Maße nutzen können.“ Mit diesen Worten bedankt sich Beate Berkelmann-Löhnertz bei Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, die Bewilligungsbescheide bei einem offiziellen Termin in Berlin persönlich zu überreichen.
Ansprechperson: Prof. Dr. Beate Berkelmann-Löhnertz, Hochschule Geisenheim University, Institut für Phytomedizin, Beate.Berkelmann-Loehnertz@hs-gm.de