Deutschlandfunk: „Die international renommierte FH Geisenheim entzweit Hessen und Rheinland-Pfalz“

Campus Gebäude

Deutschlandfunk, 22.11.2010 von Ludger Fittkau

 

Bisher wurden die Weinbau-Studiengänge in Geisenheim gemeinsam von den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz getragen. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat nun den Geisenheim-Staatsvertrag mit dem Nachbarland gekündigt.

„Geisenheim hat eine weltweite Anerkennung, gehört neben Montpellier und St. Michele zu den drei großen internationalen Wein-Universitäten“,sagt Günter Eymael, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag.

„Man hat hier die Forschung konzentriert, man sehr viel investiert in den letzten Jahren und rheinland-pfälzische Studierende haben davon profitiert. Der Anteil rheinland-pfälzischer Studierender liegt über 50 Prozent.“

Und dies, obwohl Geisenheim nicht in Rheinland-Pfalz liegt, sondern im hessischen Rheingau. Die Landtagsopposition aus CDU und FDP kritisiert, dass die SPD-Landesregierung nun die gemeinsame Finanzierung von Hessen und Rheinland-Pfalz für die renommierte Weinbau-Hochschule Geisenheim infrage gestellt hat.

„Das erste, was Rheinland-Pfalz ja jetzt gemacht hat, ist den Staatsvertrag für Geisenheim zu kündigen. Man will 1,3 Millionen einsparen, man hat kein Interesse mehr an der Zusammenarbeit mit Geisenheim und das geht zulasten der Studierenden. Und es geht auch letztlich zulasten von Rheinland-Pfalz, denn für die Weinwirtschaft in Rheinland-Pfalz werden die Forschungsziele nicht mehr aus dem Land entwickelt, sondern das Land Hessen wird die Forschungsziele vorgeben und Rheinland-Pfalz kann sich höchstens noch als Kunde bedienen.“

Die rheinland-pfälzische Landesregierung sieht das anders. Man wolle sich gar nicht vollständig aus Geisenheim zurückziehen. Man biete Hessen immerhin noch mehr als die Hälfte der bisherigen Förderung an, so Hendrik Hering (SPD), der rheinland-pfälzische Weinbauminister:

„Wir bieten nach wie vor 700.000 Euro pro Jahr auch langfristig an, um uns an Geisenheim zu beteiligen. Wir glauben nach wie vor ein großzügiges Angebot, wissend, dass wir auch eigene Weinbauforschung in Rheinland-Pfalz an mehreren Standorten betreiben und diese finanzieren müssen, woran sich auch keine anderen Länder beteiligen. Ich stehe dazu, Geisenheim ist eine wichtige Einrichtung auf einem hohen Niveau und deswegen wollen wir uns auch weitert daran beteiligen. Ich glaube im Endeffekt wird keine Einrichtung sagen, wir wollen keine 700.000 Euro haben.“

Seit einem Jahr bieten verschiedene rheinland-pfälzische Fachhochschulen im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Neustadt an der Weinstraße einen eigenen dualen Studiengang „Weinbau und Önologie“ an. Das Studium wird mit Ausbildungsphasen in pfälzischen Weinbaubetrieben gekoppelt. Die Opposition im Landtag war gegen dieses neue Studienangebot und wollte weiter uneingeschränkt an Geisenheim festhalten, obwohl dort lange eine ausgedehnte Praxisphase bei den Winzern fehlte. Weinbauminister Hendrik Hering betont die große Nachfrage nach Studienplätzen in Neustadt. Das wirke sich auch positiv auf Geisenheim aus:

„Es zeigt sich auch, dass das für die Qualität nicht schädlich war, dass es ein Alternativangebot gibt. Überall dort, wo es Alternativen gibt, wo es auch Wettbewerb gibt, wird die Leistung besser. Das zeigt sich auch in unserem dualen Studiengang, wo wir erfreulicherweise viel, viel mehr Anmeldungen haben als erwartet. Wir gingen mal von 25 pro Jahrgang aus, haben aktuell in diesem Jahr über 40, haben aktuell fürs nächste Jahr schon über 50 Anmeldungen. Und viele Eltern, die in Geisenheim studiert haben, sagen, ihre Kinder werden nach Neustadt gehen.“

Der FDP-Politiker Günter Eymael hält das für kurzsichtig. Der Weinbau sei ein internationales Geschäft und Geisenheim stehe in der Winzer-Szene weltweit für eine gute Ausbildung. Dieses Renommee dürfe man nicht ohne Not preisgeben, so Eymael. Dass der neue Studiengang in Neustadt angenommen werde, sage noch nichts über die internationale Reputation. Eymael findet,

„dass dieser Studiengang nach wie vor überflüssig ist, weil er in Geisenheim angeboten wird, dass er natürlich den Pfälzerinnen und Pfälzer, die den jetzt wahrnehmen, entgegenkommt, aber ob er wirklich gleichgestellt ist, mit den renommierten Studiengängen in Geisenheim, das wird sich noch mit der Zeit herausstellen.“

Kategorien: Presse und Kommunikation, Nachrichten