Nachrichten

Europa kann Wein und Fußball!

Foto: Bernhard Herzer, WEINELF - VINO EDUCA auf Schloss Mikulov in der Tschechischen Republik.

Es gibt die anstehende, umstrittene Fußball-WM im winterlichen Katar und aktuell die schwer durchschaubare UEFA Nations League. Und es gibt – neben der offiziellen Europameisterschaft der Profi-Kicker – noch eine bemerkenswerte EM der Winzer, die in diesem Jahr erstmals mit acht Ländern stattfand. Sieger der UENFW VINOEURO 2022 wurde der Gastgeber, die Tschechische Republik. Das deutsche Team belegte den dritten Platz.

Auf dem Programm standen 18 Länderspiele, für die über 300 Aktive und  Teambetreuern zu den drei Ausrichtungsorten nach Tschechien gereist waren, mit über 2.000 Flaschen Wein im Marschgepäck. Zudem gab es erstmals eine weinbauliche Fachkonferenz und ein studentisches Austauschprogramm.

Die Nationalmannschaft der Winzer - WEINELF  hoffte auf eine Wiederholung des Europameister-Titels 2014 in der Schweiz (3:2 gegen Ungarn), der ein Höhepunkt in der Geschichte der 2005 in Ingelheim gegründeten Weinelf-Deutschland e.V. war. Strahlkraft hatten daneben Spiele gegen große Gegner wie der Traditionsmannschaft Eintracht Frankfurt oder der Weisweiler-Elf aus Mönchengladbach, die Auszeichnung mit dem Preis der Deutschen Weinkritik 2018 und die Besuche bei Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin und bei Papst Franziskus in Rom. Auch bei der Gala zur Verleihung des Deutschen Fußballkulturpreises in Nürnberg ist die WEINELF ein gern gesehenes Mitglied.

Die Idee, Wein und Fußball international zu verbinden, hatten 2008 der ehemaliger Verteidigungsminister und Winzersohn Dr. Franz Josef Jung und sein italienischer Freund Luigi Brunetti, einst Gastronom in Neu-Isenburg. Die erste offizielle Europameisterschaft fand dann 2011 in der ungarischen Hauptstadt Budapest statt, mit dem Gastgeberland, Österreich, der Schweiz, Italien und Deutschland. Es folgten Slowenien und später noch Portugal und Tschechien. Das Prinzip Improvisation wurde 2018 abgeschafft durch die Installation eine gemeinsame Dachorganisation. Die UENFW, Union of European national football teams of winemakers e.V. mit Sitz in Geisenheim regelt seitdem zentrale Aufgaben. Herzstück ist eine transparente Spielerdatenbank mit fast 300 kickenden Winzer:innen, die öffentlich recherchiert werden kann ( www.uenfw.org ). Die Tür für neue Mitgliedsländer und Partner steht weit offen.

Die erste offizielle UENFW VINOEURO fand nun erstmals vom 1. – 4. Juni 2022 in der Tschechischen Republik statt. Die nationalen Organisatoren entwickelten mit den UENFW-Verantwortlichen einen neuen Markenkern und erweiterten das Angebot um die fachliche Bildung, insbesondere für den jungen Winzer-Nachwuchs! Damit sind nun die europäischen Kulturgüter Fußball, Wein und Bildung in der zentralen Botschaft festgeschrieben! Mit der OIV, der  International Organisation of Vine and Wine, steht ein starker Partner zur Seite. Aus jedem Land ist eine renommierte nationale Hochschule z.B. Geisenheim oder eine Ausbildungsstätte z.B. Wädenswil eingebunden, die zum einen die neu eingeführte Fachkonferenz VINO EDUCA und den studentischen Austausch stützt.

Die jetzt an drei Orten durchgeführte Europameisterschaft sollte eigentlich schon 2020 stattfinden, aber die Pandemie verhinderte damals und 2021 eine Austragung. Die deutsche Mannschaft, durch einige Neulinge jünger geworden, spielte ein gutes Turnier. Sie siegte in der Gruppenphase gegen die Schweiz mit 6:1, dann gegen Italien 0:0 und gegen Slowenien 1:1. Als Zweiter verpasste sie gegen den Sieger der anderen Gruppe, Tschechien, den Einzug ins Finale durch ein 0:0 und eine Niederlage im anschließenden Elfmeter-Schießen. Das Spiel um Platz drei schien bei Halbzeit durch ein 0:2 gegen Portugal schon fast verloren. Aber dann traf der Moselaner Mario Görgen viermal hintereinander und es stand am Ende 4:2 für Deutschland. Auf die Schulter klopfen durfte sich dafür auch Trainer Friedel Müller für seinen Riecher: Er hatte den vormaligen Abwehrspieler Görgen in den Sturm beordert.

Neuer Fußball-Europameister der Winzer wurde der Gastgeber, die Tschechische Republik! Mit einem deutlichen 6:1 besiegte man den Titelverteidiger Slowenien im Finalstadion in Uherské Hradiště, wo Miroslav Kadlec zu Hause ist, der aus seiner Zeit beim 1. FC Kaiserlautern (1990 bis 1998) vielleicht noch etwas bekannt ist. In der abschließenden Sieger-Zeremonie wurde bekannt, dass entweder Portugal oder Italien 2024 das nächste Turnier ausrichten werden.

Die öffentlichkeitswirksame Präsentation der Weine aus den beteiligten Weinbaunation ist seit jeher ein fester Bestandteil einer VINOEURO. Bei den Abendveranstaltungen wurden über 2.000 Flaschen zur Verkostung bereitgestellt. Die Südmährische Küche ließ dazu keinerlei Wünschen offen.  Neben lokalen Veranstaltungen wurden auch Ausflüge in die umliegenden Weingüter angeboten. Ein Höhepunkt war der Besuch der moderne Kellerei Lahofer in den Hügeln  von Znojmo.
 

Im Rahmenprogramm: Bildung (VINO EDUCA - https://www.uenfw.org/vino-educa )

Weil das Zusammentreffen von Winzern aus acht Ländern bei Fußballspielen und Weinproben auch eine gute Gelegenheit zum Erfahrungs- und Wissensaustausch ist, entstand das Konzept der VINO EDUCA. Die internationale Konferenz vereint Fachleute aus verschiedenen europäischen Ländern während der Europameisterschaft. Unterstützt durch führende europäische weinbauliche Partner-Universitäten und Bildungseinrichtung wurde in den historischen Schlossmauern in Mikulov (deutsch: Nikolsburg)  vier Themenbereiche für Spieler, Studierende und Berufskolleginnen und -kollegen vorgestellt, im Beisein des tschechischen Gesundheitsminister Vlastimil Válek. Themenbereiche unter Einbindung hochkarätiger internationaler Referenten waren

 Der positive Aspekt eines maßvollen Weinkonsums aus medizinischer Sicht.

  • Die Bedeutung der Weinkellerei und des Weinbaus für die nationale Wirtschaft, den internationalen Handel und die Beziehungen.
  • Die Vorteile des Weinanbaus für den Boden und verantwortungsvolle Formen der Landwirtschaft.
  • Die Rolle des Weinbaus im historischen Kontext unter Berücksichtigung von Kultur und Traditionen.
  • Die VINOEURO umfasste auch ein Programm für Weinbau- und Önologie-Studenten mit Teilnehmern aus Lednice, Geisenheim und Pisa. Bei Exkursionen konnten praktischen Erfahrungen ausgetauscht und neue berufliche Beziehungen geknüpft werden.

Fazit: Wein, Fußball und Bildung vereinen europäische Kulturgüter und verbinden Menschen in Freundschaft.  Wir hoffen in Zukunft auf eine Mannschaft der Ukraine und ein Freundschaftsspiel in Russland!

(Text: Rudolf Knoll,  Robert Lönarz, Weinfeder Journal)

Kategorien: Förderung und Fundraising, Alumni, Wissenstransfer

Bilderreihe