Das zunehmende Bewusstsein für die Dringlichkeit einer nachhaltigen und klimaangepassten Umgestaltung urbaner Räume hat Stadtgrün als einen möglichen Lösungsansatz in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Stadt- und Freiraumplanung gestalten die Stadt der Zukunft und die Frage ist, ob die Aufmerksamkeit für Stadtgrün Auswirkungen auf die Planungspraxis hat. Entstehen dadurch neue Handlungsspielräume, um grundlegende Transformationen im Umgang mit dem kommunalen Grün einzuleiten?
Angeleitet von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule Geisenheim, der Technischen Universität München und Wageningen University and Research ist ein internationales Team aus 27 Personen diesen Fragen nachgegangen. Prof. Dr. Rieke Hansen, Professorin für Freiraumplanung und ökologische Stadtentwicklung der Hochschule Geisenheim, hat die Studie mit dem Team konzipiert und qualitative Interviews aus elf europäischen Städten ausgewertet. Interviewt wurden Planungsverantwortliche aus Aarhus (Dänemark), Barcelona (Spanien), Berlin (Deutschland), Bristol (Großbritannien), Edinburgh (Großbritannien), Helsinki (Finnland), Linz (Österreich), Lissabon (Portugal), Ljubljana (Slowenien), Malmö (Schweden) und Utrecht (Niederlande). Die elf Städte waren im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts GREEN SURGE (2014-2017) intensiv analysiert worden, so dass Veränderungen in der kommunalen Freiraumplanung der vergangenen sechs Jahre erfasst und bewertet werden konnten.
Die Befragungen zeigen, dass sich Planende der anstehenden sozialen und ökologischen Herausforderungen bewusst sind. In den vergangenen Jahren sind vielfach neue Planwerke wie Klimaanpassungskonzepte oder Biodiversitätsstrategien entstanden. Dem Stadtgrün wird in den meisten der elf Städte eine größere Bedeutung zugemessen und die politische Unterstützung hat sich verbessert. Zum Teil haben sich auch die Mitsprache in Stadtentwicklungsprozessen oder die finanzielle und personelle Ausstattung der für das Stadtgrün zuständigen Fachämtern verbessert, allerdings wird die Ausstattung zumeist als ungenügend angesichts der zunehmend komplexen Aufgaben gesehen. In einigen Städten wurden auf übergeordneter Ebene tiefgreifende Veränderungen der Planungs- und Verwaltungskultur eingeleitet und eine stärkere Mitgestaltung der städtischen Grünflächen durch Bürger:innen etabliert. Insgesamt erscheinen substanzielle Veränderungen innerhalb der bürokratischen Strukturen der Stadtverwaltungen jedoch schwierig und selten zu sein. Für einen radikaleren Systemwandel wären daher erhebliche zusätzliche Anstrengungen und Unterstützung der Kommunen erforderlich.
Die Studie ist frei zugänglich unter: Hansen et al. (2022): Transformative or piecemeal? Changes in green space planning and governance in eleven European cities. EUROPEAN PLANNING STUDIES 2022: 1-24. DOI: 10.1080/09654313.2022.2139594
Leitung: Rieke Hansen (Hochschule Geisenheim), Marleen Buizer und Arjen Buijs (Wageningen University & Research), Stephan Pauleit (Technische Universität München)
Mitwirkende: Thomas Mattijssen, Sander van der Jagt und Gilles Havik (Wageningen University & Research), Hanna Fors und Thomas B. Randrup (Swedish University of Agricultural Sciences), Nadja Kabisch (Leibniz Universität Hannover; Humboldt-Universität zu Berlin), Mandy Cook and Bianca Ambrose-Oji (Forest Research), Tim Delshammar (VA SYD), Sabrina Erlwein und Werner Rolf (Technische Universität München), Kati Vierikko und Hanna Nieminen (Finnish Environment Institute), Johannes Langemeyer und Camille Soson Texereau (Universitat Autònoma de Barcelona), Ana Catarina Luz (ISEG Lisbon School of Economics and Management), Mojca Nastran (University of Ljubljana), Anton Stahl Olafsson and Maja Steen Møller (University of Copenhagen), Dagmar Haase (Humboldt-Universitat zu Berlin, Helmholtz-Centre for Environmental Research – UFZ), Cristina Branquinho (Universidade de Lisboa), Jakub Kronenberg (University of Lodz), Cecil Konijnendijk (Nature Based Solutions Institute)