Ein Auszug aus dem Rheingau Echo, Rheingaucenter.de:
Der Park der Villa Monrepos gab eine großartige Kulisse für die Verleihung des Müller-Thurgau-Preises: v.l. VEG Präsident Robert Lönarz, Preisträger Professor Karl Bayer und Laudator Professor Clemens Klockner.
Geisenheim. (hhs) — Seit 1971 wird der „Müller-Thurgau-Preis“ an Personen vergeben, die sich um die Lehre und Forschung sowie die Belange der Studenten in Geisenheim besonders verdient gemacht haben. Am letzten Samstag wurde der Preis an Karl Bayer verliehen – und außer dem Preisträger selbst waren sich alle Beteiligten einig, dass es den Richtigen getroffen hatte.
Verliehen wir der Preis von der „Vereinigung Ehemaliger Geisenheimer (VEG)“, die sich im Zeitalter der Globalisierung „Geisenheim Alumni Association“ nennt. Die Verleihungsrede hielt der ehemalige Präsident der Hochschule Rhein-Main Professor Clemens Klockner – im Jahre 1992 selbst Müller-Thurgau-Preisträger.
„Winzer, Kaufmann und Hochschullehrer“ – so fasste Klockner Bayers Werdegang kurz und knapp zusammen. 1937 an der Mosel geboren verlor Bayer nie den Bezug zum Weinbau. Auch als er nach dem Studium der Betriebswirtschaft in der Industrie arbeitete, führte er über 20 Jahre hinweg den elterlichen Betrieb im Nebenerwerb weiter. Mitte der 1960er Jahre führte Bayers beruflicher Werdegang nach Geisenheim, wo er zunächst in Forschungsprojekten, ab 1969 fest als Mitarbeiter am Institut für Betriebswirtschaft und Marktforschung arbeitete.
1971 wurde Karl Bayer Hochschullehrer in Geisenheim; in dieser Funktion war er von 1976 bis 1982 und dann wieder von 1990 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 Dekan des damaligen Fachbereichs Weinbau und Getränketechnologie.
Bayer nutzte sein Amt, um die Arbeitsmarktchancen der Geisenheimer Absolventen zu verbessern und die Berufsabschlüsse aufzuwerten. So geht die Wiedereinführung des Aufbaustudiengangs Oenologie in Kooperation mit der Uni Gießen ebenso auf seine Aktivitäten zurück wie die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Lehre im Weinbau.
„Karl Bayer hat seinen Fachbereich durch eine eindeutig internationale Ausrichtung geprägt“, fasste Clemens Klockner dessen Aktivitäten zusammen. Es sei ein Novum in der europäischen Hochschulwelt gewesen, dass es gelang, die in Geisenheim entwickelte Studien- und Prüfungsordnung in das italienische Agrarinstitut San Michele im Trentino zu exportieren. Nach diesem ersten Schritt wurde die Zusammenarbeit ausgebaut durch Kooperationen mit den Universitäten Udine und Trento. Damit, so Klockner, wurde „die berufliche Qualifizierung im Weinbau auf einem hohen internationalen Niveau“ gewährleistet.
Karl-Bayer-Preis
Nicht zuletzt aufgrund dieser Verdienste wurde vor fünf Jahren der „Karl-Bayer-Preis“ ins Leben gerufen. Seit 2006 werden jedes Jahr 2.000 Euro vergeben für die am besten bewertete Abschlussarbeit im Rahmen der Hochschulkooperation zwischen Geisenheim und den italienischen Universitäten.
Karl Bayer gilt in Geisenheim auch als Vater des Studiengangs „Ökologischer Weinbau“. Erst durch seine Studien bezüglich der „Absatzmöglichkeiten ökologisch erzeugter Weine“ gewann dieser Zweig an wirtschaftlicher Bedeutung. Gemeinsam mit dem zu früh verstorbenen Professor Wilhelm Kiefer erhielt Bayer damals den ersten Umweltpreis der Fa. Tengelmann. Dritter im Bunde war seinerzeit ein junger Weinwissenschaftler namens Randolf Kauer. Als Professor Dr. Randolf Kauer hat dieser heute den Lehrstuhl für ökologischen Weinbau inne.
Bei allen Arbeiten, so Professor Klockner, sei Karl Bayer immer bestrebt gewesen, „Geisenheim in ein Netzwerk international bekannter Hochschulen für Weinbau und Oenologie einzubinden“. Sein übergeordnetes Ziel sei immer gewesen, „den weltweit guten Ruf Geisenheims als Lehr- und Forschungsstandort zu erhalten und die vielfältigen Beziehungen auszudehnen, um die Zukunftsfähigkeit Geisenheims zu sichern“.
Bescheidener Preisträger
Klockners Fazit: „Karl Bayer hat sich um den Lehr- und Forschungsstandort Geisenheim sehr verdient gemacht. Mit der Verleihung des diesjährigen Müller-Thurgau-Preises wird dieser Einsatz für Geisenheim zu Recht gewürdigt“.
Karl Bayer sah das in seiner Dankesrede etwas anders: „Zuviel der Ehre“ sei seine erste Reaktion gewesen, als er von der Nominierung erfahren habe. Die Satzung zur Preisverleihung schreibe vor, „dass der Preisträger über viele Jahre sich für die Erhaltung und Förderung von Lehre und Forschung außergewöhnlich verdient gemacht hat“. Er aber habe in seiner 18-jährigen Tätigkeit als Fachbereichsleiter bzw. Dekan nur seine Arbeit getan und „nichts Außergewöhnliches feststellen können, was zur Preisverleihung hätte reichen können“.
So nahm Bayer den Preis auch als Anerkennung der Arbeit seiner Mitarbeiter, die ihn all die Jahre unterstützten. Verbunden mit dem Dank war das Versprechen, „Geisenheim als Forschungs- und Hochschulstandort stets zu unterstützen, wo immer sich die Gelegenheit bietet und soweit es meine altersbedingten Fähigkeiten noch zulassen“.“